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Nachgefragt…

…in dieser Reihe fragen wir Profi-Mütter mit 3, 4 und mehr Kindern wie sie ihr Leben so organisieren, dass sie nicht täglich baden gehen.

Tschüß Alien… wie Andrea es schafft ihre 3 Jobs und 4 Kinder entspannt zu vereinbaren

Laut offizieller Statistiken geht über die Hälfte der Mütter in Deutschland nach der Elternzeit wieder arbeiten. Das war vor vielen Jahren nicht selbstverständlich. Doch unser traditionelles Familienbild in Deutschland hat sich (zumindest in diesem Bereich) verändert. Was geblieben ist, ist die Care-Arbeit, die nach wie vor von Müttern übernommen wird.

Wie Du als berufstätige Mutter trotzdem einen angenehmen Familienalltag haben kannst, das erklärt uns Gastautorin Andrea Teichmann. Und die vierfache Mutter gibt sieben konkrete Tipps wie auch du wieder Freude im Familienalltag erleben kannst und dennoch beruflich erfolgreich sein wirst.

 

Es gibt so Tage, da scheint nichts zu funktionieren. Da hilft nur eines: Die Ruhe bewahren.

 

6.45 Uhr, morgens in Deutschland: Der Einjährige zetert, weil die Salami falsch auf dem Brot liegt. Der Vierjährige kippt seinen Orangensaft über sich, die Sechsjährige muss ihre Ohrringe für den Sportunterricht abkleben und der Achtjährige stöbert immer hörbarer nach seinem Sportbeutel.

 

8.05 Uhr, immer noch morgens in Deutschland: Alle Stullen sind geschmiert und die Kinder einigermaßen sauber im Kindergarten, bei der Tagesmutter und in der Schule. Zeit für eine erste, gern gesehene Pause. Aaaaah! Aber nur für den Mama-Job. Denn der andere Job wartet schon!

 

Kennt Ihr das? Wenn die – durchaus gern eingegangene – Doppelbelastung echt an den Nerven zerrt? Und die Pause viel zu kurz auszufallen droht ob des vollen Schreibtisches, der da im Arbeitszimmer steht und ruft: Wann kommst Du bitte?!!

 

Ich möchte Euch einen Einblick in meinen Alltag geben, denn wir Mütter sind mit unseren diversen Aufgaben nicht allein. Und ich gebe Euch Tipps an die Hand, wie Ihr schon ganz bald Euren Familienalltag entspannter gestaltet. Mein Name ist Andrea Teichmann, ich bin Mutter von vier Kindern im Alter zwischen eins und acht. Seit über zwanzig Jahren gebe ich verschiedene Sportkurse für Eltern und Kinder zu Land und zu Wasser. Zusätzlich bin ich Dipl. Medienwirtin (FH) und Werbekauffrau und arbeite online als virtuelle Marketingberaterin. Dann schreibe ich Blogartikel, mache Social Media Planungen und bediene im Auftrag meiner Kunden deren diversen Kanäle, um sich sichtbarer zu machen.

 

Nur, wo bleibe ich, wo Du????

 

12.30 Uhr, nun bereits mittags: Alle Kinder sitzen hungrig am Essenstisch und warten auf das Mittagessen.

 

13.00 Uhr, Mittagspause. Der Jüngste schläft, zwei Kinder machen Hausaufgaben und der andere spielt. Ich räume auf und mache die Wäsche.

 

14.30 Uhr, An fünf Tagen pro Woche geht es für mich ins Wasser. Dieser Nachmittag steht für mich im Zeichen meines nassen Jobs. Seit über zwanzig Jahren arbeite ich als Kursleiterin für Babyschwimmen, Anfängerschwimmen und Aquafitness. Heute gebe ich Schwimmkurse.

 

18.30 Uhr, Abendessen. Danach wird noch etwas gespielt, manchmal ist dann auch mein Mann schon zur Verfügung, danach bringe ich (wir) die Kinder ins Bett.

 

20.00 Uhr, Entweder setze ich mich nochmal an den Schreibtisch – oder falle nach anderen Routinearbeiten im Haus schlicht bald ins Bett.

 

Dir kommt der Tagesablauf bekannt vor?

Genau, so geht es Müttern mit kleinen Kindern, die gleichzeitig berufstätig sind und deren Mann als Selbstständiger wenig zuhause, dafür viel unterwegs sein muss. Ein Familienleben mit vielen Absprachen, mit einem (wenn es gut klappt) Netzwerk aus Babysittern, Freunden und der Familie. Und auch der Kindergarten und die Tagesmutter tun (wenn es noch besser klappt), dass ihnen Mögliche, dass ich meinen Spagat hinbekomme. Ein dickes Dankeschön an dieser Stelle an die, die so gut mitmachen!

 

Was empfehle ich Dir, damit der Alltag mit Kindern und Job gelingt? Und Dich nicht auffrisst ob der vielen, oft flexibel zu handhabenden Tätigkeiten?

7 Tipps für berufstätige Mütter die Zeit, Geld und Nerven sparen

  1. Baue Dir ein funktionierendes Kinderbetreuungs-Netzwerk auf! Du solltest immer verschiedene Betreuungsmöglichkeiten im Kopf haben. Denn was tun, wenn z.B. die Tagesmutter krank ist? Oder der Kindergarten wegen einer Fortbildung eine Woche geschlossen ist… Einen Plan B zu kennen, entspannt enorm.
  2. Tausche Dich als selbstständige Mutter regelmäßig aus! Mit MitarbeiterInnen und mit anderen UnternehmerInnen, z.B. durch Masterminds oder Meetups. Suche Dir Netzwerke, wo sich diese treffen. Sich dafür Zeit zu nehmen, ist enorm wertvoll, auch wenn der 1. Eindruck ist: Dafür habe ich doch keine Zeit… Du lernst von anderen und kannst gut an Deinen Aufgaben wachsen.
  3. Überlege Dir, welche Aufgaben im Haushalt zu delegieren sind! Es gibt immer etwas, was Du abgeben oder optimieren kannst. Ein Beispiel: Ich koche mittags frisch. An bestimmen Tagen koche ich dann für zwei Tage mit. Dafür gibt es einen Essensplan, damit ich beim Einkaufen schneller weiß, was ich einkaufen muss und dann reicht auch nur ein Großeinkauf die Woche.
  4. Binde Deinen Lebenspartner von Anfang an aktiv in das Familienleben mit ein! Ein großer Fehler ist es, erst alles auf sich zu nehmen und erst später Pflichten zu teilen. Wöchentliche Absprachen, wer was zu tun hat, sind eine Notwendigkeit.
  5. Verabschiede Dich von Perfektion! Während ich mit meinem ersten Kind noch versucht habe, alles perfekt zu machen, habe ich in den letzten Jahren mehr und mehr beschlossen: Ich kann nicht in allen drei Bereichen Hundert Prozent leisten – und will das auch nicht. Denn das geht nur auf Kosten meiner Gesundheit, meiner Laune und dazu gebe ich das falsche Signal an meine Umwelt: Wenn sie alles kann, braucht sie keine Hilfe.
  6. Verschaffe Dir jeden noch so kleinen Freiraum! Eine halbe Stunde abends lesen oder eine Sportauszeit. Und verabschiede Dich von einem schlechten Gewissen, denn aus diesen kleinen Pausen schöpfst Du jede Menge Kraft. Die Du brauchst und die Dir gut tun.
  7. Entdecke Entspannung! Nach meiner letzten Schwangerschaft habe ich Yoga für mich entdeckt. Bis zu diesem Zeitpunkt konnte ich als totale Wasserratte nichts damit anfangen. Vor allem beim Rückbildungsyoga traf ich auf Teilnehmerinnen aus meinen Wasserkursen, die sehr staunten über meinen Sinneswandel. Tatsächlich habe ich im Yoga das gefunden, was ich auch beim Wassersport habe: Einfach mal eine Gedankenpause. Dazu eine Atemtechnik, die jedenfalls zu mir sehr gut passt.

Für mich sind all diese Tipps wesentlich geworden. Ganz besonders möchte ich abschließend noch auf dieses hinweisen: Während ich früher alles allein (und eben möglichst perfekt, s. Punkt 5) gemacht habe, bitte ich jetzt um Hilfe bzw. nehme auch Hilfe an, wenn sie mir angeboten wird. Sei es, dass jemand einen Kuchen mit zur Geburtstagsfeier bringt oder man sich bei Sportaktivitäten der Kinder hinsichtlich der „Mütter-Taxis“ abwechselt.

 

Sei Dir gewiss: Es gibt immer Lebenskünstler, die es ohne gute Organisation irgendwie schaffen. Wenn Du es aber einigermaßen geordnet liebst: Die frühe Organisation ist das A und O für Deinen entspannten Arbeitsalltag. Nein, auch mit dem besten Blick in den Terminkalender wird aus Deinem Alltag nicht von heute auf morgen ein Ponyhof… Aber ohne wirst Du früher aufgeben oder im Chaos versinken J

 

Ein kleiner Trick zum Schluss: Werde mutiger! So habe ich meinen Mut zusammen genommen und gelöscht. Denn ich war die Königin der To-Do-Listen – und trotzdem war ich vor einem Jahr so mutig und habe meine To-Do-Listen vernichtet. Peng.

 

Und wisst Ihr was? Nachdem ich sie gelöscht hatte, habe ich mich erst mal so befreit gefühlt.

Seit dieser Verabschiedung finden sich wichtige Aufgaben in meinem Büro an meiner Arbeitswand und die Einkaufsliste ist im Handy abgespeichert. Damit habe ich meine Aufgaben nicht mehr permanent vor Augen, sondern nur noch, wenn ich sie wirklich brauche.

 

Übrigens: Ja, ich höre bisweilen auch blöde Sprüche. An die kann man sich jedoch gewöhnen bzw. überhören. Denn als berufstätige, vierfache Mutter bin ich es schlicht gewöhnt, zumindest in Deutschland gewisse Blicke und eben dumme Sprüche zu sehen oder zu hören. Und wenn ich das Wort Rabenmutter wieder höre, lache ich sogar darüber. Warum? Weil sich Rabenmütter sehr gut um ihren Nachwuchs kümmern. Woher das Gerücht kommt, dass sie ihren Nachwuchs vernachlässigen, weiß ich nicht…

Über die Autorin

Gastautorin Andrea Teichmann ist Gründerin von Aqua Fun Aktiv. Zusammen mit ihrem Team bietet sie Wasser-& Landkurse für Kinder, Schwangere und Familien in Mönchengladbach, Korschenbroich und Jüchen an. Vom Babyschwimmen über die Krabbelgruppe bis zur Aquagymnastik für (auch schwangere) Mamas sowie Schwimmkurse und Fitnesstraining auf dem Wasser ist alles dabei. Seit über zwanzig Jahren leitet Andrea als Fachübungsleiterin für Orthopädie, Aquagymnastik für Schwangere, Aquarückbildung und Gesundheitstraining für Kinder die verschiedensten Kurse, in denen sie ihre Wasserbegeisterung an kleine und große Wasserratten weitergibt. Als vierfache Mutter versteht Andrea die Ängste und auch die Unsicherheit, die man mit einem Baby im Wasser hat. In ihrem Elternratgeber „Wasser-Wonne – Schwimmen mit kleinen und großen Babys“ verrät sie Tipps und Tricks, wie aus kleinen große Wasserratten werden.

Bildquellen: Arjen Mulder von Aqua Baby Deutschland und Tanja Deuß von Knusperfarben